Mein Freund Harvey
Harvey war nicht nur unser erster Bully, er war auch unser erster Hund überhaupt.
Als wir 1994 einen Hund wollten, sollte es ein kleiner, aber nicht winziger, unkupierter, nicht kläffender, kurzhaariger Hund ohne Jagdtrieb sein. Nach dem Studium diverser Hundebücher und Zeitschriften, kamen wir auf die Rasse Französische Bulldogge.
Das Aussehen fand ich allerdings noch sehr gewöhnungsbedürftig und war diese Rasse nicht Qualzucht?
Als wir dann schließlich eine Züchterin gefunden hatten und diese Hunde in Natura erleben durften, war es natürlich um uns geschehen. Kurz danach zog Harvey bei uns und unseren drei Katzen ein.
Was soll ich sagen...Harvey war ein absoluter Glückstreffer! Das muss man aus der heutigen Sicht der Dinge einfach so sagen.
Außer, dass er als Welpe eine schlimme Gastritis bekam und danach noch eine Demotex Milben Geschichte, war er für die Rasse ein "relativ" robuster Hund. Keine Allergieprobleme, absolut freiatmend, keine Probleme mit der Wirbelsäule oder Schlimmeres. Natürlich hatte er mal diese oder jene Kleinigkeit aber als Ersthundebesitzer ging man ja lieber einmal zuviel als zuwenig zum Tierarzt.
Dazu kam, dass Harvey die Tierarztbesuche liebte.
Wenn wir ihm einen Gefallen tun wollten, nahmen wir ihn auch mit, wenn wir mit einem unserer anderen Tiere hin mussten. Eine Leine war niemals nötig, kaum aus dem Auto, rannte er auch schon in die Praxis. Dann hinter den Anmeldetresen, um solange die Helferlein zu stumpen, bis es ein Gutti gab. Das gleiche Spiel auch bei den Leuten, die sich gerade anmeldeten. Wenn die Warterei langweilig wurde, beschloss Harvey auch schon einmal, auf eigene Faust die Praxis nach potentiellen Guttigebern zu erkunden.
Wenn andere Leute ein Problem hatten, ihre Hunde in die Praxis zu bekommen, war es bei uns umgekehrt. Selbst wenn ich bereits die Rechnung zahlte, nutze er schon mal die Gelegenheit, beim Aufruf des nächsten Patienten wieder mit in das Behandlungszimmer zu flitzen.
Auch wenn bei ihm mal etwas gemacht werden musste, was unter Umständen mal etwas unangenehm war oder zwickte - Hauptsache es gab was zu fressen danach.
Er war schon was ganz besonderes....und nie hätte ich als vormalige Katzenbesitzerin gedacht, dass ein Hund so eine Persönlichkeit und Ausstrahlung haben kann!
Selbst von fremden Leuten, die ihn noch gar nicht kannten, wurden wir auf ihn angesprochen, ob das "der Harvey" sei, von dem sie schon gehört hätten.
Im Alter von 1 1/2 Jahren bekam Harvey eine Gefährtin - Emily, die er sogar überlebte, da wir sie leider im Alter von 11 1/2 Jahren wegen Krebs einschläfern lassen mussten.
Und selbst im Alter von 12 Jahren machte er immer noch einen liebevollen Ziehpapa für unseren Alfons.
Er war ein absoluter unkomplizierter, verträglicher, folgsamer und anhänglicher Hund. Sein Selbstbewusstsein anderen Hunden gegenüber manchmal schon an der Schwelle zum Größenwahn.
Obwohl er im hohen Alter schon stocktaub war, Arthrose und Grauen Star hatte, war er am liebsten immer mit dabei.
Harvey wurde fast 15 Jahre alt! Nur sechs Wochen fehlten ihm zu seinem großen Tag.
Er wird uns immer unvergessen sein, da es nie wieder genauso einen Hund wie ihn geben wird.
von Andrea Stumpf